Im Jubeljahr setzen d'Horibergler auf ihre Jugend (Juni 2016)
Trachtenverein feiert im Herbst sein 70-jähriges Bestehen -- 22 junge Mitglieder
Von Friederike Gabriel
Alkofen. Die Mienen sind konzentriert, doch immer wieder macht sich ein Strahlen in den Gesichtern breit. Paarweise an den Händen gefasst marschieren die Kinder im Kreis, umrunden einander, drehen sich unter den Armen des Partners: Der “Marschierboarische” hat es in sich mit seinem flotten Tempo und Figurenwechsel, und gerade deswegen tanzt ihn die Jugend der Horibergler Trachtet am liebsten. Derzeit probt die 22-köpfige Gruppe für ein großes Fest: Am 17. und 18. September feiert der Trachtenverein D'Horibergler Alkofen sein 70-jähriges Bestehen.
Im Jubiläumsjahr blickt der Verein um Vorstand Josef Freundorfer mit Stolz auf seine starke Jugendgruppe, die Jugendleiterin Sigrid Klostermann 2009 nach vielen Jahren reaktiviert hat. “Die ersten Gruppenstunden waren bei uns im Wohnzimmer” erzählt ihre Tochter Christina (13). “Damals bin ich im Dorf hausieren gegangen”, erinnert sich Sigrid Klostermann.
Inzwischen trifft sich die Trachtlerjugend alle zwei Wochen freitagnachmittags im Vereinslokal Gutsmidl. 15 Tänze haben die Kinder, zwischen fünf und 17 Jahre alt, mittlerweile gelernt, zuletzt haben sie beim Drei-Gaue-Tag in Bodenmais und beim Vereins-Sommerfest ihr Können gezeigt. Im Wechsel mit den Iglbacher und Aunkirchner Trachten treten sie regelmäßig an der Donaupromenade für die Kreuzfahrt-Touristen auf - und genießen den Beifall. “Auf einmal hab ich dann ein Strahlen im Gesicht”, beschreibt Konstantin Pfisterer (11) dieses Gefühl.
“Es ist schön, dass wir das Alte wieder ins Leben rufen”, findet Celina Barere (11). Zusammen mi den Jugendleiterinnen Sigrid Klostermann und Christine Mühlbauer pflegen sie Bräuche wie Palmbuschenbinden, Erntedank und im Winter das “Anklopfen”. Auch Spiele, Basteln und Ausflüge kommen nicht zu kurz.
Integration funktioniert hier perfekt: Als die kleine Griechin Melpomeni Sapanidou (11) vor drei Jahren zum Verein kam, konnte sie kaum Deutsch. In der Trachtlerjugend hat sie fließend Bayerisch gelernt, sie hat den anderen Kindern den Sirtaki vorgetanzt und bei der Weihnachtsfeier ein griechisches Lied gesungen - “ganz ohne Begleitung”, erzählt Sigrid Klostermann beeindruckt. Inzwischen hat Melpomene auch zwei - niederbayerische - Freundinnen mit in die Gruppe gebracht. “Wir brauchen mehr Buben”, findet Konstantin: Unter den 22 jungen Trachten sind sie nur zu siebt. Viele Jungs hätten Angst, dass dieses Hobby nicht cool genug ist, glaubt Sigrid Klostermann. Seit neuestem treffen sich die älteren Jugendlichen regelmäßig mit Gleichaltrigen aus den Nachbar-Trachtenvereinen. Und merken, dass sie auch in diesem Alter mit ihrem Hobby nicht allein sind - so der Plan, der helfen soll, die jungen Aktiven bei der Stange zu halten.
Denn dann kommt ohnehin eine Phase, in der viele dem Trachtenverein den Rücken kehren: “Uns fehlen die 20- bis 30-jährigen”, berichtet Vorstand Josef Freundorfer (59). “Die meisten hören auf weil der Partner kein Interesse hat”, sagt Sigrid Klostermann. So ist das Gros der 130 Vereinsmitglieder - darunter 30 aktive Erwachsene - zwischen 50 und 70 Jahre alt.
Dabei steigt das Interesse am Brauchtum sogar: Die “Hofgarten” - offene Sänger- und Musikantentreffen, an denen sich auch die Horibergler Stubnmusi regelmäßig beteiligt - sind zur Zeit sehr gut böscht, stellt Freunde fest, und auch das Interesse an den offenen Tanzproben und Volkstanzabenden ist größer: “Früher kamen 70 bis 90 Besucher, in den letzten drei Jahren sind es um die 130 bis 150”, freut sich der Trachtlervorstand und Vortänzer.
Ihm, der 1977 Mitglied wurde, gefällt das Lockere, Heitere am Volkstanz. Volksmusik, mit der er früher “nicht viel anfangen” konnte, ist mittlerweile seine Lieblingsmusik. Nach längerer Zeit werden auch die erwachsenen Aktiven - 20, 30 Tänze, schätzt Freundorfer, haben sie im Repertoire, von Landsern über Mazurkas, Spinnrad, Knödldrara bis zur Zigeunerpolka - anlässlich des Jubiläumsfests wieder einmal auftreten: “Sonst lassen wir immer der Jugend den Vortritt.”
Den typischen Trachten gibt es nicht. Der eine ist fasziniert von der Tracht - wie Ursula Baumgartner, die 15 Dirndl für die Jugendgruppe genäht hat. Andere mögen die Musik, wie Freundorfer Tochter Maria Kämmerer (33), die die Tanzproben der Kinder auf der “Ziach” - der Steirischen Harmonika - begleitet. Christine Mühlbauer liebt die Geselligkeit im Verein. Und schließlich ist da das Tanzen, das Sigrid Klostermann “einfach Schnee” findet.
Die Jugendleiterin, heute 45 Jahre alt, hat nach ihrer aktiven Zeit eine Weile pausiert. Bis sie gebeten wurde, sich um den Trachten-Nachwuchs zu kümmern. “Da hab' ich mich daran erinnert, wie schön das damals in der Jugendgruppe war: Ich hatte Spaß, ich war trainiert.” Sigrid Klostermann hofft, dass es “ihren” Trachtlerkindern später auch einmal so geht.
Im Jubiläumsjahr stellen D'Horibergler einige Veranstaltungen auf die Beine, angefangen beim Gau-Heimatabend und Volkstanzes im April und dem Sommerfest am 19. Juni mit der Hi- und Do-Musi. Bevor am 17. und 18. September mit (Trachten-)Vereinen und Bevölkerung das 70-Jährige gefeiert wird un der Verein zum Abschluss des Jubeljahres zum 1. Vilshofener Herbstsingen im Vilshofener Atrium einlädt, richtet der Jubelverein am 25. Juni den diesjährigen Gaujugendtag des Dreiflüsse-Trachtengaus Passau aus: Auf dem Gelände der Landesausstellung in Altersbach warten kinngerechte Führungen, Stationen mit Schnuppergoaßlschnalzen, bayerischer Singstund, Volkstanzstunden und Spielen auf die jungen Trachtler - und solche, die es werden wollen.
Quelle: Vilshofener Anzeiger, Juni 2016; Originalfassung